Wer kennt solche Situationen nicht: Da hat man sich erst kürzlich mit einer neu kennengelernten Person prächtig unterhalten, wenige Tage später begegnet man ihr wieder und stellt zerknirscht fest: Mist, Namen vergessen. In solchen Fällen könnte die Google Glass-App NameTag helfen. In anderen Einsatzszenarien, in denen man die Person noch nicht einmal kennt, ist sie allerdings auch das perfekte Stalking-Tool.
In Zeiten, da Themen wie Überwachung und Datenspionage in aller Munde sind, könnte man meinen, dass eine App wie NameTag nicht gerade die beste Ausgangssituation hat, um zu einem Erfolg zu werden. NameTag hat einen simplen und gleichzeitig kontroversen Anwendungszweck, den mancher Datenschutz-Aktivist eher in dystopischen Science Fiction-Filmen vermutet hätte.
Mithilfe von der NameTag-App von FacialNetwork.com lassen sich über die Datenbrille Googles Glass die Gesichter von Personen fotografieren. NameTag analysiert das geschossene Foto mit Gesichtserkennungs-Algorithmen, gleicht es mit diversen Datenbanken im Netz ab und gibt dem Nutzer daraufhin Informationen über die betreffende Person aus. Aber welche Datenbanken? Zunächst eine von NameTag selbst gepflegte, für die sich Personen freiwillig registrieren und festlegen können, ob ihr Gesicht mit der App gescant werden kann.
Künftig sollen öffentlich zugängliche Bilder auf Dating-Portalen wie tinder oder plentyoffish integriert werden, um schon vor der ersten verbalen Kontaktaufnahme Informationen zu den Interessen des potenziellen Flirtziels zu erhalten. Als Zweck wird hierbei die Partnersuche hervorgehoben, die dadurch erleichtert werden soll, dass Informationen wie gemeinsame Interessen zu dem aufgenommenen Gesicht die Kontaktaufnahme erleichtern sollen. Auf der anderen Seite soll es auch vor gefährlichen Personen warnen, indem neben den sozialen Netzwerken auch die nationale 450.000 Einträge umfassende Kartei für US-amerikanische Sexualstraftäter abgeglichen wird.
NameTag befindet sich derzeit noch in der Beta-Phase. Interessenten können sich bis zum offiziellen Release im Frühjahr auf der Homepage für einen Beta-Zugang anmelden. Alle Interessierten müssen auch im Besitz von Google Glass sein, denn bislang wird nur für diese Plattform eine Version der NameTag-App angeboten.
Google verbietet freilich per Datenschutz-Richtlinien für Glass sowie auf technischem Wege die Nutzung von Gesichtserkennungs-Algorithmen. Entsprechende Anwendungen auf gerooteten Glasses zu installieren, dürfte freilich kein Problem sein. Google steht Anwendungen wie NameTag also kritisch gegenüber. Die Entwickler sind jedoch optimistisch, dass, sollten die Bestimmungen sich nicht ändern, bald eine Vielzahl alternativer smarter Brillen den Markt besetzen und so Ausweichmöglichkeiten geschaffen werden.
Stellt sich nun die Frage inwiefern wir, das eigentliche Objekt der App, eine Ausweichmöglichkeit haben, um nicht von x-beliebigen Menschen gescannt zu werden, zum Beispiel im Supermarkt. Der Erfinder Kevin Alan Tussy erklärt (Übersetzung von uns): „Wer seine Informationen anderen nicht anzeigen lassen möchte, kann sich (sobald freigeschaltet) bei www.nametag.ws anmelden und dort die entsprechenden Einstellungen vornehmen.“ Anders ausgedrückt: Wer nicht mitmachen möchte, muss erstmal mitmachen.
Wie seht ihr das? Könnte Google bei seiner strikten Haltung für Gesichtsscanner einknicken? Ist NameTag eine neue Möglichkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen oder seht ihr die App als einen zu weit reichenden Eingriff in die persönliche Intimsphäre?
Quellen: Pressemitteilung, nametag.ws [via metronews]
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